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Schwul im Alter: Rosa Patenschaften gegen Einsamkeit

Viele Senior*innen und Pflegebedürftige leiden unter Einsamkeit. Homosexuelle, die manchmal keine Angehörigen haben, ganz besonders. Der ehrenamtliche Besuchsdienst der Rosa Paten schafft Abhilfe.

Ziel des seit 2006 in Frankfurt am Main bestehenden Projekts ist es, mit persönlichen Begegnungen sozialer Vereinsamung und Isolation entgegenzuwirken. Von dieser sind LSBT*IQ-Personen in Alters- und Pflegeheimen besonders betroffen, denn Beschäftigte von Pflegeeinrichtungen sind leider selten queersensibel geschult, und wie in der ganzen Gesellschaft gibt es auch an diesen Orten Queerfeindlichkeit. Entsprechend legen ältere queere Menschen oft besonders viel Wert auf Diskretion und scheuen sich vor einem Coming Out in der Pflegeunterkunft.

Die ehrenamtlich engagierten Paten besuchen die Senior*innen und Pflegebedürftigen regelmäßig, machen gemeinsame Ausflüge und unterstützen sie im Alltag. Koordiniert wird das Projekt von der Aidshilfe Frankfurt. Seit 2019 existiert auch ein Ableger in Wiesbaden.

Wer spricht?

Detlef Schmidt (78) und sein Partner Antonio Gonzalez-Valdes (79) engagieren sich seit Jahrzehnten in der schwulen Szene Frankfurts. Seit 16 Jahren sind sie auch bei den Rosa Paten aktiv. Gemeinsam haben die beiden den Wandel der Stadt miterlebt: von einer Zeit, in denen von der Polizei gedeckte Schlägerbanden in Frankfurter Parks Jagd auf Schwule machten, bis zur Ehe für Alle, die auch ihnen 2018 endlich die Möglichkeit gab, zu heiraten. Heute sagen beide: Sie fühlen sich akzeptiert in Hessen.

Alle zwei Wochen besuchen Schmidt und Gonzalez-Valdes den im Frankfurter Franziskushaus lebenden Bernd Buggenhagen (61). Buggenhagen hat sich in den 1980ern mit HIV infiziert und ist kognitiv und sprachlich eingeschränkt. Infolge eines Unfalls im Jahr 2005 fährt er außerdem einen Rollstuhl.

Gemeinsam besuchen Schmidt, Gonzalez-Valdes und Buggenhagen Stadtführungen, unternehmen Wanderausflüge, gehen im nahe gelegenen Bethmannpark spazieren oder treffen sich in ihrem Lieblingsrestaurant „Buchholz“ zum Essen.

Die Begegnungen haben ihm Lebensmut, Selbstbewusstsein und Selbständigkeit zurückgeben, sagt Buggenhagen. Vor allem das gegenseitige Vertrauen sei eine Erfahrung, die ihm der Pflegedienst nicht bieten könne. Aber auch Schmidt und Gonzalez-Valdes schätzen die Beziehung, die sich von einer Paten- längst in eine Freundschaft gewandelt habe.

Rosa Paten – Engagement in Hessen

AIDS-Hilfe Frankfurt e.V.

Die Frankfurter Aidshilfe will der Stigmatisierung von HIV-Positiven und queeren Menschen mit Aufklärung entgegenwirken, Betroffene vernetzen, beraten und unterstützen und ihre Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft vertreten. Ziel des seit 1985 bestehenden unabhängigen Vereins ist eine Gesellschaft, in der Menschen ein Leben in Selbstbestimmung führen können. Die Angebote der Aidshilfe reichen von Tipps zum sicheren Drogenkonsum bis hin zu Beratungen für queere Asylsuchende. Auch die Rosa Paten sind ein Projekt der Frankfurter Aidshilfe. LINK


40plus – Schwules Forum Frankfurt

Seit 1996 bietet 40plus – Schwules Forum Frankfurt einen Anlaufpunkt für schwule Männer ab 40. Die Männer unterstützen sich gegenseitig bei Themen wie schwules Wohnen im Alter, Einsamkeit oder späte Coming Outs. Zum Programm gehören unter anderem queere Stadtführungen, Wanderausflüge und Strip-Abende. Auch die beiden Rosa Paten Detlef Schmidt und Antonio Gonzalez-Valdes sowie Bernd Buggenhagen sind Mitglieder bei 40plus. LINK


Wohn- und Pflegeheim Franziskushaus

Das Wohn- und Pflegeheim Franziskushaus im Frankfurter Sandweg ist der Wohnort von Bernd Buggenhagen. Die Unterkunft richtet sich speziell an HIV-positive Pflegebedürftige. Besonderen Wert wird auf ein Umfeld gelegt, in dem sich Menschen „aller geschlechtlichen Identitäten, sexueller Orientierungen, religiösen und ethnischen Zugehörigkeiten sowie einer Be_Hinderung“ willkommen fühlen. LINK


Regenbogenschlüssel

Das Projekt „Regenbogenschlüssel“ zeichnet Pflegeheime aus, die sich aktiv um Akzeptanz bemühen und für ihre lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Bewohner*innen ein möglichst diskriminierungsfreies Umfeld schaffen. In Frankfurt am Main wurden bisher das Julie-Roger-Haus und das Sozial- und Rehazentrum West mit dem Regenbogenschlüssel ausgezeichnet. LINK.


Infos zu Queerfeindlichkeit und Diskriminierung im Alter

Wie queerfeindlich sind Deutschland und Europa? Antworten bietet die 2020 von der EU-Grundrechteagentur veröffentlichte größte internationale Befragung zu LSBTI-Themen: „A long way to go for LGBTI equality“.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse gibt es auf der Seite des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD).

Beratungsstellen für LSBT*IQ in Hessen


Antidiskriminierungsnetzwerke in Hessen


- AdiNet Nordhessen
- AdiNet Mittelhessen
- AdiNet Rhein-Main
- AdiNet Südhessen
 


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