Tikkun Olam: Im Kleinen die Welt verbessern
„Tikkun Olam“ heißt eine Lebensregel im Judentum, die Menschen dazu anhält, die Welt durch kleine Akte der Freundlichkeit und Wohltätigkeit zu einem besseren Ort zu machen. Für Elishewa Patterson ist diese „Heilung der Welt“ das wichtigste Element ihrer Religion.
„Jeder von uns kann einfach losgehen und sich gut verhalten und zugewandt sein“, sagt die jüdische Aktivistin aus Frankfurt am Main. Ihren Worten Taten folgen lässt sie unter anderem als ehrenamtliche Hospizbegleiterin und bei „Meet a Jew“. Mit diesem Projekt geht sie in Schulen, Sportvereine oder trifft sich mit Parteien, „um ihnen überhaupt einmal die Gelegenheit zu geben, Juden und Jüdinnen zu treffen.“
Wie wichtig solche Begegnungen und groß die Vorurteile gegenüber Juden und Jüdinnen oft noch sind, merkt Elishewa Patterson spätestens dann, wenn sie mit Davidstern um den Hals durch die Frankfurter Fußgängerzone läuft. „Da passiert es auch schon manchmal, dass mich jemand konfrontiert mit antisemitischen Ressentiments, Vorurteilen oder auch mit Beschimpfungen – häufig mit dem Bezug zu Israel und zu der israelischen Politik.“
Kraft für ihr Engagement findet Patterson bei Gott, wenn sie mit Freundinnen und Freunden gemeinsam Shabbat feiert oder beim Tanzen: mit Kopfhörern in ihrer Wohnung oder in aller Öffentlichkeit am Mainufer entlang. „Einige Leute denken dann: ‚Jetzt ist eine vollkommen durchgedreht.“ Aber es sei auch schon passiert, dass jemand mitgetanzt habe, sagt sie. „Es sind nicht die großen Sachen, die die Welt verändern, sondern die vielen, vielen kleinen.“
Wer spricht?
Frankfurterin, Rechtsanwältin, Ehrenamtlerin, Aktivistin, Jüdin, Weltverbesserin. Das ist Elishewa Patterson. Als aktives Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main und der Initiative Yachad engagiert sie sich für ein offenes, inklusives Judentum, in dem alle Menschen einen Platz haben. Mit dem Projekt „Meet a Jew“ und der Initiative “Sei ein Mensch” trägt sie dazu bei, Vorurteile durch persönliche Begegnungen abzubauen und Verständigung zwischen muslimischen und jüdischen Menschen zu schaffen. Als ehrenamtliche Hospizbegleiterin hilft sie auch, den Abschied von dieser Welt zu erleichtern.
Engagement in Hessen
Yachad e. V.
Yachad (hebräisch: „gemeinsam“) ist eine queer-jüdische Gruppe, die sich aus Menschen jeden Alters, jeder Orientierung und jeder Richtung des Judentums sowie deren Partnerschaften, Angehörigen und Freundeskreise zusammensetzt. Gemeinsam wollen sie einen bunten und vielfältigen jüdischen Glauben und jüdische Kultur leben.
Website: https://www.yachad-deutschland.de/
Meet a Jew
Die Vielfalt jüdischen Lebens durch in Deutschland lebende jüdische Menschen kennen lernen, Vorurteile abzubauen und Raum für gemeinsame Begegnungen schaffen, das ist die Idee hinter „Meet a Jew“. Verantwortet wird das Projekt vom Zentralrat der Juden in Deutschland.
Website: https://www.meetajew.de/
Sei ein Mensch
Mit dem Frankfurter Imam Khaled Al Sayeh hat Elishewa Patterson eine Initiative für muslimische, jüdische und alle anderen Menschen gegründet, die für Mitgefühl und Solidarität einstehen.
Webseite: https://www.seieinmensch.de
Tikkun Olam - was ist das eigentlich?
Tikkun Olam (auch: Tikun Olam oder Tiqqun Olam) ist ein hebräischer Begriff, der wörtlich "Reparatur der Welt" oder „Heilung der Welt“ bedeutet. Dahinter verbirgt sich ein altes jüdisches Prinzip, welches Menschen dazu auffordert, sich für eine bessere Welt einzusetzen. Das kann in Form von Engagement für Frieden, Umweltschutz oder soziale Gerechtigkeit aber ebenso durch kleine alltägliche Gesten der Freundlichkeit und Wohltätigkeit geschehen. Auch in queeren und feministischen jüdischen Gruppen haben „Tikkun Olam“ und die damit verbundenen Werte heute eine große Bedeutung – die Welt zu verbessern heißt schließlich auch, gleiche Rechte für alle zu schaffen.
Infos zu jüdischem Leben und Antisemitismus
- Der Podcast „Jüdisches Leben in Hessen“ der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung bietet sachliche Informationen und persönliche Einblicke zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Juden und Jüdinnen in Hessen.
- Jüdisches Leben in Deutschland: Das Dossier der Bundeszentrale für Politische Bildung umfasst Videos, Audios, Texte und vieles mehr zu allen Aspekten jüdischen Lebens und jüdischer Geschichte in Deutschland.
- Antisemitismus in Deutschland: Der vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebene Bericht vom „Unabhängigen Expertenkreis Antisemitismus“ gibt einen umfassenden Überblick über Antisemitismus in Gesellschaft, Politik, Medien und vielen anderen Bereichen. Er zeigt, was im Kampf gegen Antisemitismus schon geschieht und was noch geschehen muss.
- Die Mediathek der Bildungsstätte Anne Frank bietet Informationen zu Themen wie Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus oder religiöser Viefalt in Broschüren, Büchern, Videos und Podcasts. Es gibt Ausstellungen, Fachtage, Workshops ein mobiles Lernlabor, Argumentationshilfen und vieles mehr zu entdecken.
- Antisemitische Verschwörungsmythen: Im Projekt OY VEY der Organisation „WerteInitiative – jüdisch-deutsche Positionen e. V.“ finden sich Hintergrundinformationen über gängige Verschwörungserzählungen, die im Kern meistens antisemitisch sind. Vor allem gibt es viel didaktisch und grafisch aufbereitetes Material und Intrumente zur Gegenrede.
Hessische Anlauf- und Beratungsstellen für Betroffene von Antisemitismus
- ADiBe – Antidiskriminierungsberatung. Betroffene von Antisemitismus und allen anderen Diskriminierungsformen können sich an die Antidiskriminierungsberatung ADiBe wenden. Dort erhalten sie kostenfreie Unterstützung.
Website: adibe-hessen.de/de
Telefon: 0 69 / 71 37 56 16
E-Mail: kontaktadibe-hessen.de
- OFEK e.V. (hebr. „Weite“, „Horizont“) in Hessen bietet Beratungen für Betroffene, ihre Angehörigen sowie Zeugen und Zeuginnen antisemitischer Gewalt und Diskriminierung in der Schule, am Arbeitsplatz, im persönlichen Umfeld, in Behörden und im Internet. Alle Beratungsangebote können auf Deutsch, Hebräisch, Russisch und Englisch in Anspruch genommen werden. Die Beratung ist anonym, vertraulich und kostenfrei.
Website: https://ofek-beratung.de/hessen
E-Mail: hessenofek-beratung.de
Telefon: 0157 850 844 24 (Montag 12 – 14 Uhr und Donnerstag: 15 – 17 Uhr)
Telefon: 0159 013 593 90 (Dienstag 12 – 14 Uhr und Mittwoch: 12 – 14 Uhr)
- Die Recherche und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Hessen unterstützt alle, die antisemitische Vorfälle erlebt oder beobachtet haben, aber auch Angehörige oder Bekannte von Betroffenen. Die RIAS dokumentiert in Absprache mit den Betroffenen die gemeldeten Fälle von Antisemitismus in einem jährlichen Bericht und verweist auf geeignete Beratungstellen. Meldungen können entweder online erfolgen oder persönlich per Telefon oder Mail.
Website: https://rias-hessen.de/
E-Mail: inforias-hessen.de
Telefon: 0151 185 22 742 (Dienstag bis Freitag, 9 – 18 Uhr)
- Response unterstützt Menschen, die von rechtsextremer, rassistischer, antisemitischer, antimuslimischer oder antiziganistischer Gewalt betroffen sind. Das Team berät, vermittelt, informiert und begleitet Betroffene, Angehörige und Freunde sowie Zeugen eines Angriffs – unabhängig davon, ob eine Anzeige erstattet wurde und die Vorfälle strafrechtlich verfolgt werden oder nicht.
Website: http://www.response-hessen.de/
Beratungsstelle Frankfurt am Main
E-Mail: kontaktresponse-hessen.de
Telefon: 069 348770530
Beratungsstelle Kassel
E-Mail: kasselresponse-hessen.de
Telefon: 0561 72989700
- Mobiles Beratungsteam gegen Rassismus und Rechtsextremismus (MBT) berät Menschen, Initiativen und Gruppen oder Personen aus der Kommunalpolitik, die sich mit Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus konfrontiert sehen. Das MBT ist vertreten in Nord- und Osthessen, außerdem ist die Regionalstelle Süd des Jetzt e.V. in Frankfurt Teil dieses Beratungsnetzwerks.
Mobiles Beratungsteam Nordhessen, Osthessen und Vogelsberg
Website: https://mbt-hessen.org/home
Team Nordhessen
E-Mail: infombt-hessen.org
Telefon: 0561 8616766
Team Osthessen und Vogelsberg
E-Mail: kontaktmbt-hessen.org
Telefon: 0661 9003 1840
Regionalstelle Süd
Website: https://regionalstelle-sued.de/
E-Mail: kontaktregionalstelle-sued.de
Telefon: 0157 52411483 oder 52411478
Bundesweite Beratungsstellen für Opfer von Antisemitismus
- Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet Montag bis Donnerstag von 9 bis 15 Uhr Beratung für Betroffene von Antisemitismus und allen anderen Formen von Diskriminierung. Die Beratung ist telefonisch und per E-Mail möglich.
Website: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/diskriminierungsmerkmale/alter/alter-node.html
Telefon: 0800 - 546 546 5
E-Mail: beratungads.bund.de
- Das Kompetenznetzwerk im Themenfeld Antisemitismus ist ein Zusammenschluss bundesweit tätiger Organisationen, die über langjährige Erfahrungen in der Antisemitismusprävention, der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit und der Beratung verfügen. Auf der Website des Netzwerkes finden sich zahlreiche Anlaufstellen für Betroffene antisemitischer Gewalt und Diskriminierung.
Website: https://www.demokratie-leben.de/projekte-expertise/kompetenzzentren-und-netzwerke/kompetenznetzwerk-im-themenfeld-antisemitismus